Die Druckgeräterichtlinie (DGRL): Überblick und Regularien

Die Druckgeräterichtlinie (DGRL) ist eine wichtige EU-weite Vorschrift, die die Sicherheit und den freien Handel von Druckgeräten innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums gewährleistet.
Sie legt Anforderungen an Konstruktion, Herstellung und Konformitätsbewertung von Druckgeräten und Baugruppen fest, um ein hohes Maß an Sicherheit zu gewährleisten.

Anwendungsbereich

Die Richtlinie gilt für Druckgeräte und Baugruppen mit einem maximal zulässigen Druck (PS) von über 0,5 bar. Dazu gehören unter anderem:

  • Behälter (z. B. Dampfkessel, Tanks)
  • Rohrleitungen
  • Sicherheitsbauteile (z. B. Sicherheitsventile)
  • Druckhaltende Zubehörteile

Bestimmte Geräte, wie einfache Druckbehälter und Geräte für den Einsatz in Luft- oder Raumfahrt, sind von der Richtlinie ausgenommen.

Klassifizierung

Die DGRL klassifiziert Druckgeräte nach Gefährdungskategorien (I bis IV). Die Einstufung basiert auf:

  • dem maximalen Druck (PS),
  • dem Volumen oder Nennquerschnitt,
  • der Stoffgruppe (flüssig/gasförmig, gefährlich/nicht gefährlich).

Diese Kategorien bestimmen die Anforderungen an die Konformitätsbewertung.

Konformitätsbewertung und CE-Kennzeichnung

Hersteller müssen für ihre Produkte eine Konformitätsbewertung durchführen lassen. Dies geschieht je nach Kategorie durch:

  • Eigene Prüfung und Dokumentation (niedrige Kategorien),
  • Die Einbindung benannter Stellen für umfangreichere Prüfungen (höhere Kategorien).

Nach erfolgreicher Bewertung erhalten die Produkte die CE-Kennzeichnung, die ihre Konformität mit der DGRL und anderen relevanten Vorschriften bestätigt.

Sicherheitsanforderungen

Die grundlegenden Sicherheitsanforderungen der DGRL umfassen:

  • Mechanische Festigkeit,
  • Schutz gegen unzulässige Drücke,
  • Beständigkeit gegen chemische und thermische Einflüsse,
  • Korrekte Installation und Bedienung.

Diese Anforderungen stellen sicher, dass Druckgeräte sicher und zuverlässig betrieben werden können.

Verantwortung der Marktakteure

Die Richtlinie definiert klare Verantwortlichkeiten für Hersteller, Importeure und Händler:

  • Hersteller: Erstellung der technischen Dokumentation, Konformitätsbewertung, CE-Kennzeichnung.
  • Importeure: Sicherstellen, dass importierte Produkte den Anforderungen entsprechen.
  • Händler: Überprüfung, ob Geräte korrekt gekennzeichnet und begleitet sind.

Konformitätsbewertung im Detail:

Die Druckgeräterichtlinie (DGRL) sieht verschiedene Module für die Sicherstellung der Konformität vor. Diese Module legen fest, wie ein Hersteller nachweisen kann, dass seine Produkte die grundlegenden Sicherheitsanforderungen der Richtlinie erfüllen. Der Einsatz eines bestimmten Moduls hängt von der Gefährdungskategorie des Druckgeräts ab (Kategorie I bis IV) und wird komplexer, je höher die Kategorie ist.

Übersicht der Module

Die Module können in drei Hauptbereiche unterteilt werden:

1.  Interne Verfahren des Herstellers (niedrige Kategorien, Eigenverantwortung).
2. Prüfungen durch benannte Stellen (höhere Kategorien, unabhängige Prüfungen).
3. Qualitätssicherungsverfahren (für eine kontinuierliche Überwachung der Produktion).

Hier eine detaillierte Übersicht:

Modul A – Interne Fertigungskontrolle

  • Kategorie: I
  • Der Hersteller prüft eigenverantwortlich, ob das Produkt die grundlegenden Anforderungen erfüllt.
  • Erstellung der technischen Unterlagen und einer Konformitätserklärung.
  • Keine Einbindung einer benannten Stelle.

Modul A2 – Interne Fertigungskontrolle mit überwachten Druckprüfungen

  • Kategorie: II
  • Wie Modul A, jedoch mit zusätzlicher Druckprüfung durch eine benannte Stelle.

Modul B – EU-Baumusterprüfung

  • Kategorie: II bis IV
  • Eine benannte Stelle prüft ein Baumuster des Druckgeräts und stellt eine Baumusterbescheinigung aus.
  • Diese Bescheinigung bildet die Grundlage für weitere Module (z. B. Modul D, E oder F).

Modul C2 – Konformität mit stichprobenartiger Produktprüfung

  • Kategorie: II
  • Der Hersteller ist für die Fertigung verantwortlich.
  • Eine benannte Stelle prüft stichprobenartig fertige Produkte auf Übereinstimmung mit den Anforderungen.

Modul D – Konformität mit Qualitätssicherung der Produktion

  • Kategorie: III und IV
  • Der Hersteller implementiert ein Qualitätssicherungssystem, das von einer benannten Stelle überwacht wird.
  • Regelmäßige Audits stellen sicher, dass die Produktion weiterhin konform erfolgt.

Modul D1 – Qualitätssicherung der Produktion (ohne Baumusterprüfung)

  • Kategorie: II
  • Wie Modul D, jedoch ohne vorherige Baumusterprüfung (Modul B).

Modul E – Konformität mit Qualitätssicherung der Endprüfung

  • Kategorie: III
  • Ähnlich wie Modul D, jedoch konzentriert sich die Qualitätssicherung auf die Endprüfung des fertigen Produkts.

Modul E1 – Qualitätssicherung der Endprüfung (ohne Baumusterprüfung)

  • Kategorie: II
  • Wie Modul E, jedoch ohne Baumusterprüfung

Modul F – Konformität durch Prüfung eines Druckgeräts

  • Kategorie: III und IV
  • Jedes einzelne Druckgerät wird von einer benannten Stelle geprüft.
  • Geeignet für kleine Stückzahlen oder Einzelanfertigungen.

Modul G – Konformität durch Einzelprüfung

  • Kategorie: IV
  • Jedes einzelne Druckgerät wird vollständig geprüft.
  • Dieses Verfahren wird für sehr komplexe oder einzigartige Geräte genutzt.

Modul H – Vollständige Qualitätssicherung

  • Kategorie: IV
  • Der Hersteller implementiert ein umfassendes Qualitätssicherungssystem, das alle Aspekte von Design bis Fertigung umfasst.
  • Eine benannte Stelle überwacht das System kontinuierlich.

Modul H1 – Vollständige Qualitätssicherung mit Baumusterprüfung

  • Kategorie: IV
  • Wie Modul H, jedoch mit einer zusätzlichen Baumusterprüfung.

 

Modul

Prüfungsumfang Kategorie Benannte Stelle beteiligt?
A Selbstprüfung I Nein
A2 Selbstprüfung und Druckprüfung II Ja
B Baumusterprüfung II-IV Ja
C2 Stichprobenprüfung II Ja
D/D1 Qualitätssicherung (Produktion) II-IV Ja
E/E1 Qualitätssicherung (Endprüfung) II-III Ja
F Einzelprüfung III-IV Ja
G Einzelprüfung (komplexe Geräte) IV Ja
H/H1 Vollständige Qualitätssicherung IV Ja

Gefährdungskriterien

Die Einteilung von Druckgeräten in Kategorien nach der Druckgeräterichtlinie (DGRL, 2014/68/EU) erfolgt anhand von spezifischen Gefährdungskriterien, die das potenzielle Risiko eines Geräts bewerten. Die Hauptkriterien sind:

1. Maximal zulässiger Druck (PS): Der Druck, für den das Gerät ausgelegt ist, ausgedrückt in bar.
2. Volumen (V): Das Volumen des Geräts in Litern, beispielsweise bei Behältern.
3. Nennweite (DN): Der innere Durchmesser der Rohrleitung in Millimetern.
4. Aggregatzustand und Eigenschaften des Mediums: Es wird unterschieden zwischen:

  • Gasen (einschließlich Dampf) und Flüssigkeiten,
  • Gefährlichen Stoffen (z. B. explosiv, giftig, oxidierend) und nicht gefährlichen Stoffen.

Stoffkategorien

Die Stoffe werden gemäß Anhang I der Druckgeräterichtlinie in zwei Gruppen unterteilt:

Gruppe 1 (gefährliche Stoffe):

  • Explosiv, leicht entzündlich, hochentzündlich,
  • Sehr giftig, giftig, gesundheitsschädlich,
  • Oxidierend oder brandfördernd.

Gruppe 2 (nicht gefährliche Stoffe):

  • Stoffe, die nicht in Gruppe 1 fallen (z. B. Wasser, Luft).

Gefährdungskategorien

Druckgeräte werden in die Kategorien I bis IV eingestuft, wobei Kategorie I die geringste Gefährdung und Kategorie IV die höchste Gefährdung darstellt.

Einteilungskriterien nach Gerätetyp

Die Kriterien für die Kategorisierung variieren je nach Typ des Druckgeräts (z. B. Behälter, Rohrleitung). Hier eine Übersicht:

1. Behälter

  • Behälter sind geschlossene Druckgeräte, die Flüssigkeiten oder Gase enthalten.
  • Kriterien:
    PS × V: Das Produkt aus maximalem Druck (PS) und Volumen (V) bestimmt die Kategorie.;
    Gruppe des Mediums (gefährlich/nicht gefährlich).
PS × V (bar × Liter) Gruppe 1 (gefährlich) Gruppe 2 (nicht gefährlich)
≤ 200 Kategorie I Kategorie I
200–3.000 Kategorie II Kategorie I
> 3.000 Kategorie III Kategorie II
Sehr hohe Werte Kategorie IV Kategorie III

2. Rohrleitungen

  • Rohrleitungen dienen dem Transport von Medien und werden nach Druck (PS) und Nennweite (DN) eingeteilt.
  • Kriterien:
    DN: Die Nennweite beeinflusst die Gefährdung.
    Gruppe des Mediums.
DN (Nennweite) Gruppe 1 (gefährlich) Gruppe 2 (nicht gefährlich)
≤ 25 Kategorie I Kategorie I
25-100 Kategorie II Kategorie I
100-350 Kategorie III Kategorie II
> 350 Kategorie IV Kategorie III

3. Dampfkessel

  • Bei Dampfkesseln ist die Energie des Mediums entscheidend, da sie durch Dampfdruck ein besonders hohes Risiko bergen.
  • Kriterien:
    Druck (PS) und Volumen (V).
    Medien sind in der Regel Gruppe 2 (Wasser/Dampf).
PS × V (bar × Liter) Kategorie
≤ 200 Kategorie I
200-3.000 Kategorie II
3.000-10.000 Kategorie III
>10.000 Kategorie IV

4. Sicherheits- und druckhaltende Ausrüstung

  • Sicherheitsbauteile wie Überdruckventile oder druckhaltende Zubehörteile werden direkt nach der maximalen Gefährdungskategorie des Systems, in dem sie verbaut sind, eingestuft.

Berechnung und Diagramme

In der Druckgeräterichtlinie finden sich Diagramme (Anhang II), die grafisch darstellen, in welche Kategorie ein Gerät fällt. Typischerweise trägt der Hersteller oder Konstrukteur die Verantwortung, die relevanten Werte (PS, V, DN, Stoffgruppe) korrekt zu bestimmen und die Kategorie mithilfe dieser Diagramme oder Tabellen abzuleiten.

Baumusterprüfung: Definition und Einsatz

Die Baumusterprüfung ist ein Verfahren zur Sicherstellung der Konformität eines Produkts mit den grundlegenden Sicherheitsanforderungen der Druckgeräterichtlinie (DGRL). Sie wird durchgeführt, um zu überprüfen, ob ein repräsentatives Baumuster (d. h. ein Prototyp oder eine Beispielausführung) eines Druckgeräts oder einer Baugruppe die Anforderungen der Richtlinie erfüllt.

Definition der Baumusterprüfung

Die Baumusterprüfung ist im Rahmen des Moduls B – EU-Baumusterprüfung geregelt. Sie umfasst:

  • Die technische Überprüfung der Konstruktion und der Fertigungsunterlagen durch eine benannte Stelle.
  • Die Bewertung eines physischen Prototyps des Druckgeräts oder der Baugruppe.

Nach erfolgreicher Prüfung stellt die benannte Stelle eine Baumusterprüfbescheinigung aus. Diese Bescheinigung ist der Nachweis, dass das Baumuster den Anforderungen der DGRL entspricht und somit als Grundlage für die Serienfertigung verwendet werden kann.

Wann wird die Baumusterprüfung eingesetzt?

Die Baumusterprüfung ist in folgenden Fällen erforderlich:

1. Höhere Kategorien:

  • Für Druckgeräte der Kategorien II, III und IV (nicht für Kategorie I).

2. Modulare Konformitätsbewertungsverfahren:

  • Modul B ist oft der erste Schritt und wird mit anderen Modulen kombiniert (z. B. D, E, F).
  • Typische Kombinationen: B+D (Baumusterprüfung + Produktionsqualitätssicherung) oder B+F (Baumusterprüfung + Einzelprüfung).

Ablauf der Baumusterprüfung

1. Einreichung der Unterlagen: Der Hersteller reicht bei der benannten Stelle die technischen Unterlagen ein, einschließlich:

  • Technische Zeichnungen und Spezifikationen,
  • Beschreibungen der Funktion und des Aufbaus,
  • Nachweise zur Einhaltung der Sicherheitsanforderungen,
  • Gegebenenfalls Ergebnisse bereits durchgeführter Prüfungen.

2. Überprüfung der Konstruktion: Die benannte Stelle prüft, ob die Konstruktion die grundlegenden Sicherheitsanforderungen erfüllt.

3. Prüfung des Baumusters:

  • Die benannte Stelle untersucht das Baumuster physisch und führt gegebenenfalls Tests durch (z. B. Druckprüfung, Materialprüfung).
  • Dabei wird überprüft, ob das Produkt mit den technischen Unterlagen übereinstimmt.

4. Ausstellung der Baumusterprüfbescheinigung:

  • Nach erfolgreicher Prüfung stellt die benannte Stelle die Bescheinigung aus.
  • Diese Bescheinigung ist Voraussetzung für die Serienfertigung und CE-Kennzeichnung.

Vorteile und Bedeutung der Baumusterprüfung

  • Sicherheitsgarantie: Die Prüfung gewährleistet, dass das Produkt sicher und konform ist, bevor es in Serie geht.
  • Verpflichtender Nachweis: Für Geräte höherer Kategorien ist die Baumusterprüfung unerlässlich.
  • Vermeidung von Fehlern in der Serienfertigung: Durch die Prüfung des Prototyps können potenzielle Probleme frühzeitig erkannt und behoben werden.

Grenzen der Baumusterprüfung

Die Baumusterprüfung allein reicht nicht aus, um die Konformität der gesamten Produktion sicherzustellen. Sie muss mit anderen Verfahren wie der Produktionsüberwachung (Modul D oder E) oder Einzelprüfung (Modul F) kombiniert werden, um die Qualität der Serienfertigung zu gewährleisten.

Zurück zur FAQ-Übersicht